Geht aus – Kurioz Zug

In Zug mittlerweile kein Geheimtipp mehr, ist unser Geht aus Tipp des Monats Oktober, ausserhalb noch weitgehend unbekannt. Auch wenn sich in und um Zug mittlerweile durchaus moderne Gastrokonzepte zu etablieren versuchen, gilt die Stadt und der Kanton, was die Gastronomie angeht, eher als klassisch als innovativ. Was im Übrigen gar nicht als negativ gemeint ist.

Luzern und Zürich spriessen gerade so voller junger Konzepte, die selbstbewusst mit der Etikette brechen. Von Zürich oder Luzern nach Zug “verirren” sich daher die wenigsten in dem für seine Kirschtorte bekannten “Sandwichkanton”.

Umsomehr freut es einen, wenn dann ein so erfrischendes Konzept wie das Kurioz in Zug seinen Weg macht. Eröffnet wurde es im Jahr 2019 in einer alten, leerstehenden Schirmfabrik. Notabene damals die erste der Schweiz. Im Innenbereich wurde aufwändig renoviert, im Aussenbereich Platz für eine lauschige Terrasse geschaffen. 

Wenn man das Kurioz betritt, findet man sich in einer urbanen Bar wieder, die durchaus auch in Amsterdam, London oder eben auch Zürich stehen könnte. Hier sorgen Nico und seine Crew für gute Stimmung. Eine ansprechende Auswahl an saisonalen Bieren und eine schöne Snack-Karte inkl. einem mega Steak Sandwich sorgen dafür, dass sich die Bar zum place to be hochgearbeitet hat. Von Elektro Latino Sounds wuppert hier einiges aus den Musikboxen. Natürlich mit Bass!

Der Mix im Publikum könnte durchmischter nicht sein. Neben den stadtbekannten Expats und Kryptojongleuren trifft man hier auch auf Künstler, Studenten uvm. Ein sehr durchmischtes Publikum mit einer Gemeinsamkeit: Alle haben Spass, die Stimmung ist stets ausgelassen. 

Gleich neben der Bar und ohne grosse Abgrenzung geht es in den Restaurantbereich. Da es keine Türen gibt, schwappt die ausgelassene Stimmung sofort mit ins Restaurant. Auch wenn die Musik hier leicht gedämpft ist, hört man doch noch genug, um sich direkt wohl und komfortabel zu fühlen. Wer andächtig mit Gottes Ruhe hier speisen möchte, ist wahrlich am falschen Ort. 

Hier werden mittags attraktive Business Menus serviert, am Abend erlebt man das  Signature Menu von Küchenchef Christoph Seidel. Soweit nichts Neues würde man sagen. ABER! Gewechselt wird das Signature regelmässig. Wie oft? Sage und schreibe alle drei Wochen. Wer so oft wechselt, muss schon verdammt kreativ sein. Nun das ist er, wenn man sich so die Namen der letzten Menus anhört: April April, Oma`s Küche, Kindergeburtstag oder Lieblingsgerichte, um nur einige zu nennen. Wer es jetzt mit der Angst zu tun bekommt, dass es hier ausschliesslich “zu” ausgefallene Kompositionen gibt, der muss sich keine Sorgen machen. Denn mit Themen wie Surf & Turf, Spargel, rein Vegetarisch und eben das jetzige Wildmenu, findet man auch die klassischen Highlights wieder. Ich freue mich auf das Wildmenu. 


Den Auftakt macht ein raffiniertes Amuse. Barbery Ente, Pastinake und Sauce Cumberland. Ich bekomme direkt mal Flashbacks. Als gelernter Koch durfte ich die Sauce Cumberland gefühlt jeden Tag frisch zubereiten.

Nach dem gelungenen Auftakt kommt der erste Gang: Randenpolenta mit Hirschpfeffer, kurz gebratenem Rosenkohl-Scheiben und knusprigem Federkohl. Alles zusammen eine tolle Kombination. Das Hirschpfeffer ist leicht salzig, die Randenpolenta eher nüchtern, zusammen ergeben sie eine perfekte Kombination. Der Rosenkohl und der Federkohl geben Textur. 

Rebuf der Begleiter zur Vorspeise
“Rita” Die Begleiterin zur Wildsuppe

Die Weinbegleitung dazu ist hervorragend. Eine Cuvée aus dem Montsant: Macabeu und Garnatxa Blanca. In der Textur ebenso cremig wie die Polenta. Küchenchef Christoph ist bekannt für seine Suppengänge. Suppen werden mir einfach zu wenig gewürdigt! So seine Meinung. Na ja, aus meiner Erfahrung sind die meisten Suppen keinen Pfifferling wert. Aber gut, mal abwarten.

Aufgetischt wird eine Wildbouillon, dazu wilde Taube und frische Steinpilze. Was in der Nase schon hervorragend riecht, mundet im Gaumen umso besser. Herrlich fleischige Bouillon. Kräftig, wild, zum Eintauchen. Ja gut, denke ich, so kann man Suppen durchaus geniessen. Sicherlich eine der besten Bouillons, die ich bisher in einem Restaurant gegessen habe. Chapeau! Ein Hoch auf die Suppen!

Das Steinpilzbett mit Wildtaube
Aufgegossen mit Wildconsommé

Das Winepairing passt auch wunderbar. Diesmal serviert Niko einen reinen Garnatxa Blanca aus dem Hause Domenech, abermals Montsant. Single Vineyard, 80 Jahre alte Reben. Ausgebaut in französischen Eichenfässern. Herrlich cremig, kräftig und würzig. Perfect Match!

Als Nächstes serviert Christoph den Wildschweinburger. Na gut, denke ich. Ein wenig klein sieht der schon aus. Aber man soll ja nicht vorschnell urteilen. Und in der Tat. Frei nach dem Motto klein aber OHO, überzeugt der Burger mit viel Raffinesse. Ein herrliches Zusammenspiel von süssen und sauren Aromen. Ein Blick ins Innere verrät eine Vielzahl an Komponenten. So finden sich gedünstete, herrlich schmeckende Apfelstückchen neben Rotkraut und roten Zwiebeln wieder. Der Patty ist selbstredend hausgemacht. Das Wildschwein nannte sich heimisch. Alles verpackt in einem hausgemachten Rosmarin-Brioche. Ein bekannter Fernsehkoch würde jetzt sagen: Schmackofatz!

Dazu als Pairing ein Merlot aus dem Friaul. Würzig, nicht zu opulent. Passt!

Wildschwein Burger mit Rosmarin Brioche
Der passende Begleiter

Als Hauptgang serviert das Team Rehrücken mit Schupfnudeln und Rahmwirz. Dazu eine hausgemachte Wildjus. Herrlich. Die Schupfnudeln nicht trocken und nicht zu weich. Das Reh auf den Punkt gegart, die Jus strotz vor Kraft und der Rahmwirz mit süss eingelegten Cranberrys passt wie die Faust aufs Auge. Ein wahrliches grand finale. 

Rehrücken mit Schupfnudeln und Rahmwirsing
Der Garanoir zum Reh
Eine schöne Käseauswahl
Die Menukarte

Zum Dessert gibts bei mir vorzugsweise Käse. Wie leider bei den Suppen auch, ist das zumeist nicht die beste Wahl. Leider. Denn ich liebe die stinkigen, auslaufenden, fast schon weglaufenden Käsesorten. Serviert wird zumeist harmloser Brotaufstrich mit exotischen Namen. Hier jedoch muss ich sagen, überzeugt auch der Käseteller. Serviert mit Birnenbrot und einem Feigensenf ist die Auswahl von Hart zu Blauschimmel wohl kuratiert. Dazu ein feinherber Riesling mit anschliessendem Espresso runden den sehr gelungenen Abend ab. Mein Fazit: Das Kurioz war mal wieder eine Ausflug in den Nachbarkanton wert. Ich kann nur raten, euch den Trip auch mal vorzunehmen. Wahlweise auch mit dem Zug, das Kurioz liegt unweit des Bahnhofs. Eines der nächsten Menus soll angeblich Chilbi heissen… Na wenn das kein Spass wird 😉

Liebe Freunde des vollen Glases, ich hebe das meine und bedanke mich fürs Lesen und wünsche viel Freude beim Besuch des Kurioz Zug!

Euer Peter 

Kurioz Zug
Pilatusstrasse 1
6300 Zug
Tel. 041 710 01 61

www.kurioz.ch